Offerten erstellen - Herausforderungen aus Sicht eines Cybersecurity-Anbieters

Offerten erstellen

Herausforderungen aus Sicht eines Cybersecurity-Anbieters

Tomaso Vasella
von Tomaso Vasella
Lesezeit: 6 Minuten

Keypoints

So klappt es mit den Offerten

  • Für einen Dienstleister sind gute Offerten essentiell
  • Je genauer die angefragte Leistung spezifiziert wird, desto unwahrscheinlicher sind unangenehme Überraschungen
  • Als Anbieter muss man manchmal auch Nein sagen können
  • Offene Kommunikation ist die wichtigste Voraussetzung für ein passendes Angebot und ein erfolgreiches Projekt

Für einen Dienstleister gehört das Schreiben von Offerten zu den wichtigsten Aufgaben. Dieser Beitrag gibt Einblicke in die damit verbundenen Herausforderungen und Erfahrungen und zeigt auf, welche Informationen es einem Anbieter leichter machen, passgenaue Angebote zu erstellen.

Als Dienstleister möchte man bei Offertanfragen fast immer mehr über den Kunden und sein Vorhaben wissen. Umgekehrt kennt ein (potentieller) Kunde den Anbieter und seine Dienstleistungen häufig auch weniger gut als gewünscht. Es besteht also eine gegenseitige Informationsasymmetrie, die möglichst frühzeitig ausgeglichen werden muss. Dass man miteinander reden sollte ist zwar eine Binsenweisheit, dennoch kommt sie im Offertprozess regelmässig zu kurz.

Als Anbieter muss man zwischen den Zeilen lesen können und auch kleine Hinweise erkennen. Was ist die Essenz der Anfrage? Was genau ist die gesuchte Dienstleistung? Wozu dient sie und was wird danach mit den Resultaten gemacht? Besonders die Antwort auf die letzte Frage wird häufig vergessen oder ist dem Anfragenden gelegentlich selbst nicht ganz klar. Sie ist aber sehr wichtig, denn mit genauem Verständnis der beabsichtigten Ergebnisverwendung kann die angebotene Leistung besser auf die spezifischen Bedürfnisse ausgerichtet werden. Dies geht deutlich darüber hinaus, nur gerade das direkt Angefragte zu betrachten und erfordert eine Auseinandersetzung mit den Spezifika der Anfrage und des Kundenumfelds. Ausserdem kann ein gutes Verständnis für den Verwendungszweck des Ergebnisses sogar dazu führen, dass der Anbieter einen anderen, besser geeigneten Vorschlag als die unmittelbar angefragte Leistung machen kann. Das zentrale Element hier heisst Kundennutzen und deshalb beginnt die Beratung eigentlich bereits in der Offertphase.

Welche Fragen gilt es zu klären?

Als Anbieter hat man bei einer Anfrage zuerst einmal eine Reihe von Fragen. Diese lassen sich in inhaltliche (was ist der Ausschreibungsgegenstand) und formbezogene (einzuhaltende Bedingungen wie Fristen oder Form des Angebots) unterteilen. Die folgende Liste zeigt, welche Informationen ein Dienstleister zusätzlich zu einer möglichst genauen Beschreibung der gewünschten Leistung mindestens kennen sollte:

Zusätzlich braucht der Anbieter Erfahrung, Fingerspitzengefühl und manchmal Diplomatie, um in folgenden Themen soweit wie möglich Klarheit zu gewinnen:

Ein Anbieter muss davon ausgehen, in Konkurrenz zu anderen Anbietern zu offerieren, ob deklariert oder nicht. Das Angebot muss also nicht nur an sich attraktiv, sondern auch konkurrenzfähig sein. Hierbei spielt der Preis meistens eine der wichtigsten Rollen und man kann sich verleiten lassen, deshalb ein Angebot künstlich zu vergünstigen. Einen fairen, marktüblichen und den angebotenen Leistungen entsprechenden Preis auszuweisen ist jedoch eine bessere und auch für den Leistungsbezüger transparentere Strategie.

Schliesslich ist man als Anbieter manchmal mit einer Offertanfrage konfrontiert, obwohl der Leistungsbezüger seine Wahl des Anbieters faktisch schon getroffen hat. Dies ist besonders schade für den Anbieter, wenn mit der Offerte ein grosser Aufwand anfällt oder darin sogar bereits inhaltliche Arbeiten wie Konzepte gefordert werden.

Je offener, transparenter und direkter all diese Themen diskutiert werden, desto einfacher wird es für einen Anbieter, ein überzeugendes Angebot zu erstellen und davon profitieren beide Parteien.

Planung

Eine gute Offerte basiert auf einer klaren Vorstellung, wie das angefragte Ziel erreicht werden kann, beinhaltet also gewissermassen das Projekt schon im Kleinen. Dazu müssen die Anforderungen, Rahmenbedingungen, verfügbaren Ressourcen und auch eine mögliche Planung berücksichtigt werden. Für den Anbieter ist besonders die zeitliche Planung eine Herausforderung, denn er weiss ja nicht, ob er den Zuschlag erhält und muss trotzdem schon Zusagen machen können oder das Projekt zumindest in seiner eigenen Planung berücksichtigen. IT-Projekte erfordern häufig Flexibilität von den Anbietern und vielfach kann eine Planung erst nach erfolgter Bestellung fixiert werden.

Beschaffungsplattformen

Über die letzten Jahre kann man eine zunehmende Verwendung von Beschaffungsplattformen beobachten. Solche Beschaffungstools mögen ihren Nutzen haben, z.B. bessere Vergleichbarkeit von Offerten oder einfachere Übersicht über Lieferantenbeziehungen. Aus eigener Erfahrung sind solche Tools für den Anbieter leider oft unflexibel und aufgrund fehlender Schnittstellen, unvollständig abgebildeter Prozesse, Fehlfunktionen, usw. frustrierend zu benutzen. Man kann sich deshalb nicht ganz des Eindrucks erwehren, dass die Vorteile häufig hauptsächlich auf der Seite des Leistungsbezügers liegen. Obwohl es im Prinzip nützliche Hilfsmittel sind, werden die gewünschten Vorteile noch nicht immer erreicht und es wird interessant sein, die weiteren Entwicklungen zu beobachten.

Die Kunst, Nein zu sagen

Besonders als Dienstleister ist man manchmal geneigt, auch auf Anfragen einzugehen, die eigentlich nicht recht erfüllbar sind. Es ist die Essenz von Dienstleistungen, Arbeit für andere zu erbringen und den Kunden dadurch bestmöglich im Erreichen seiner Ziele zu unterstützen. Nein zu sagen fällt dabei manchmal schwer, nicht zuletzt, weil man als Dienstleister nur ungern Gelegenheiten für Projekte ungenutzt lässt. Wenn es aber Zweifel gibt, die Arbeiten zur vollen Zufriedenheit des Auftraggebers ausführen zu können und sich keine guten Alternativen finden lassen, ist man besser beraten, dies zu tun. Ein Projekt anzunehmen und es dann mehr schlecht als recht auszuführen ist für alle Beteiligten frustrierend und schadet sehr schnell dem guten Ruf. Auch in solchen Situationen ist eine offene und transparente Kommunikation sehr hilfreich und nicht selten kann gemeinsam doch noch eine passende Lösung gefunden werden.

Fazit

Für Anbieter von spezialisierten Dienstleistungen, die ein hohes Mass an Fachwissen und Erfahrung voraussetzen, hat fast jede Anfrage ihren eigenen Charakter und verlangt nach einer individuellen Offerte. Ein gutes Angebot erfordert ein genaues Verständnis der zu erreichenden Ziele und eine konkrete Vorstellung davon, wie diese erreicht werden können. Dies kann nur durch den Austausch entsprechender Informationen erreicht werden. Das Erbringen von Beratungsleistungen ist ein People Business, häufig auf Vertrauensbasis und profitiert in besonderem Mass von persönlicher Interaktion. Ein möglichst offener und transparenter Austausch zwischen Anbieter und Kunde ist uns deshalb schon in der Offertphase wichtig.

Über den Autor

Tomaso Vasella

Tomaso Vasella hat seinen Master in Organic Chemistry an der ETH Zürich abgeschlossen und ist seit 1999 im Bereich Cybersecurity aktiv. Positionen als Berater, Engineer, Auditor und Business Developer zählen zu seinen Erfahrungen. (ORCID 0000-0002-0216-1268)

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