Voice User Interfaces - Prototyping mit Voiceflow

Voice User Interfaces

Prototyping mit Voiceflow

Marisa Tschopp
von Marisa Tschopp
Lesezeit: 8 Minuten

Keypoints

So starten Sie Ihr erstes Voiceprojekt

  • Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten Voice User Interfaces zu entwickeln
  • Wer keine Programmierkenntnisse hat, kann Voiceflow benutzen, um ein erstes Voice Projekt zu entwickeln
  • Voiceflow eignet sich für einfache und kompliziertere Voiceprojekte
  • Es kann für Alexa Skills und Google Actions verwendet werden

Wie in den Beiträgen Voice User Interface Strategy – Chancen und Risiken von Sprachsteuerung sowie Voice User Interface Design – Ein Überblick über Brand Personas veranschaulicht, sind die einzelnen Facetten der Voice User Interface Strategie nicht so trivial, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag. Eine Konversation zu designen ist auf strategischer Ebene eine aufwendige Angelegenheit: Welchen Prozess des Unternehmens lohnt es sich, in einen Voiceprozess umzuwandeln? Welche Stimme, Sprache oder Akzent soll die Voiceanwendung haben? Wie soll man diesen vermarkten? Welchen Charakter soll die Voiceanwendung haben und wie soll sie auf den Nutzer wirken? Dies sind nur einige Fragen, die sich VUI-Projektmanager stellen müssen. Zentrale Frage ist: Wer programmiert so eine Voiceanwendung überhaupt? Die IT-Abteilung? Ein externer Voicearchitekt? Hier kann es schnell teuer werden. Einen sanften Einstieg für das Experimentieren mit Voice bietet Voiceflow. Ein übersichtliches Userinterface, mit dem jeder, also auch jemand ohne Programmierkenntnisse, eine Voiceanwendung als Alexa Skill oder Google Action entwicklen kann.

Die wichtigste Frage vor Beginn des ersten Voiceprojekts ist weniger, wie die Brandpersona aussieht, welches Geschlecht oder Tonfall sie hat. Das wichtigste, und gleichzeitig schwierigste am ersten Voiceprojekt ist es, einen guten Anwendungsfall (Use Case) zu finden. Wo und wie soll Voice eingesetzt werden? Wo will der Kunde lieber Sprachsteuerung? Wo hat Voice einen echten Mehrwert? Wo macht Voice mehr Spass? Diese und weitere Fragen stehen am Anfang und können mit allerlei Managementmethoden eruiert werden: SWOT-Analysen, Scorecards und andere Matrizen und Tabellen, Design Thinking Workshops, und so weiter. Es muss aber nicht gleich das grosse Projekt im Kundenservice sein. Ein kleiner, einfacher Use Case, um erstmal in die Thematik zu kommen, ist durchaus sinnvoll und nicht kostspielig. Hat man erst einmal ein Gefühl für Möglichkeiten und Grenzen, können die grossen Ideen in Angriff genommen werden, oder gegebenenfalls eben nicht.

Als Use Case zum Üben eignet sich ein Vokabeltrainer, eine Essensbestellung oder ein Quiz zum Spielen, real oder Spielerei, der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt. Wir haben uns für eine sehr einfache Google Action entschieden, die scip flashnews heissen soll. Mindestens einmal pro Woche veröffentlichen wir einen neuen Beitrag, der teilweise einiges an Lesezeit abverlangt. Wer einfach nur einen schnellen, kurzen Überblick über den aktuellen Artikel haben möchte, kann diesen per Google Assistant abfragen. Sei es beim Kaffee machen, im Auto oder sonst irgendwo, wo gerade keine Zeit oder Lust besteht aktiv zu lesen. Die Google Action erzählt, um was es geht (Titel des Beitrags). Wenn das aktuelle Thema von Interesse ist, werden in der nächsten Interaktion die Hauptpunkte des Beitrags zusammengefasst. Der ganze Artikel muss dann bei Interesse auf der Homepage nachgelesen werden. Ziel ist es, den Leser in aller Kürze zu informieren, welches Thema gerade aktuell ist, wenn gerade die Augen anderweitig beschäftigt sind. Die Anwendung kann im Laufe der Zeit ausgebaut werden, mit anderen Themen zu News, Wissen und Lernen rund um Technologie, oder aktuellen Schwachstellen (letztgenannte Anwendung steht übrigens bereits als Alexa Skill zur Verfügung).

Überblick Voiceflow

Mit einem gratis Account kann eine begrenzte Anzahl an Projekten erstellt werden. Wird ein Projekt eröffnet, gibt es drei Reiter: Design, Prototype und Build.

Design

Auf dieser Startseite kann per Drag & Drop der Voiceflow erstellt werden. Auf der linken Seite befinden sich die möglichen Optionen, wie z.B. der Speak oder der Choice Block. Diese können einfach ausprobiert oder via Tutorials studiert werden.

Mögliche Blocks im Voiceflow Design

Die Anwendung beginnt immer mit dem ersten fixen Homeblock. Dieser ist nicht editierbar. Im Anschluss folgt die Entwicklung des Voiceflows. Wir starten mit dem Willkommensgruss der Firma als Speak Block und kombinieren es mit einem Choice Block. Nach dem Willkommensgruss hat der User dank Choice Block die Möglichkeit Ja oder Nein zu sagen. Möchte der User wissen, was der Titel vom aktuellen Artikel ist, wird der Titel vorgelesen. Interessiert es ihn nicht, wird er direkt zum Speak Block Kein Interesse weitergeleitet und verabschiedet. Wird der Titel vorgelesen, wird als Choice Block wieder eine Wahlmöglichkeit gegeben, ob der User mehr über den Artikel erfahren will. Bei Interesse wird auf den nächsten Block geleitet und die wichtigsten Punkte des Artikels vorgelesen und im Anschluss verabschiedet. Hat der User den Titel gehört, findet ihn aber nicht interessant, wird auf den Speak Block Kein Interesse weitergeleitet und verabschiedet.

Einfaches Beispiel Voiceflow

In den Blocks können dann die einzelnen Utterances eingegeben werden. Dies sind die Möglichkeiten, was ein User sagen könnte, also z.B. wenn der User anstatt Nein z.B. oder Nee sagt.

Prototype

Auf dieser Seite kann der Prototyp geprüft werden. Es kann der gesamte Voiceflow mit allen Abzweigungen getestet werden, entweder nur schriftlich oder mündlich. Wenn es um das Konversationsdesign geht, kann gar nicht genug getestet werden. Einerseits wegen der Logik und was alles passieren kann und ob es mündlich so fliesst, wie man es sich vorstellt. Andererseits müssen auch Aussprache und Tonalität getestet werden, also skip AG statt scip AG. Sind die Pausen gut gesetzt? Ist eine Betonung seltsam störend? All diese Kleinigkeiten werden in unzähligen Tests angepasst.

Prototyp eines einfachen Voiceprojekts

Build

Hier kann die Voiceanwendung als Alexa Skill oder Google Action veröffentlicht werden. Um die Google Action zu publizieren und sie z.B. auf einem Google Smart Speaker verfügbar zu machen, müssen diverse Schritte ausgeführt und Kontos eröffnet werden, was einiges an Zeit in Anspruch nimmt. Auf der Webseite findet sich eine genaue Schritt-für-Schritt-Anleitung.

Fazit

Voiceflow eignet sich sehr gut, um sprichwörtlich in den Voiceflow zu kommen, zu experimentieren und ein Gefühl dafür zu erarbeiten, ob eine Voiceanwendung Sinn macht, wie viel Aufwand es ist oder welche Plattform benutzt werden kann. Es ist einfach, gut verständlich und kann in der Komplexität gesteigert werden.

Es ist möglich eine Skill für Alexa und Google zu entwickeln. Eine Alexaskill zu bauen lohnt sich allerdings für den Schweizer Markt im Moment nicht, da Amazon nach wie vor nicht wirklich präsent ist. Google kommt sympathisch und anwenderfreundlich daher, es lassen sich Accounts und Geräte sehr einfach kombinieren. Doch nicht jeder hat oder möchte ein Google-Konto und wer sich darauf einlässt, muss sich mit den Themen Datensicherheit und Privatsphäre auseinandersetzen. Letztlich funktionieren die Geräte und Features für diejenigen am besten, die am meisten Daten und Informationen preisgegeben, doch das stösst Datenschützern bitter auf. Eine Entscheidung muss also wohl überlegt sein.

Anmerkungen zur Reihe Voice User Interface Strategy

Dieser Beitrag wurde im Zuge des Weiterbildungskurses Voice User Interface Strategy der Hochschule Luzern geschrieben. Die Inhalte spiegeln die Meinung der Autorin wider.

Über die Autorin

Marisa Tschopp

Marisa Tschopp (Dr. rer. nat., Universität Tübingen) ist aktiv in der Forschung zu Künstlicher Intelligenz aus menschlicher Perspektive, wobei sie sich auf psychologische und ethische Aspekte fokussiert. Sie hat ihre Expertise unter anderem auf TEDx-Bühnen geteilt und repräsentiert die Schweiz in Genderfragen innerhalb der Women in AI Initiative. (ORCID 0000-0001-5221-5327)

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