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Michèle Trebo
Einblick in die Ursachen und Auswirkungen von suchtartigem Onlineverhalten in der digitalen Gesellschaft
In der Schweiz nutzen über 6,3 Millionen Personen ab 14 Jahren das Internet. Die Nutzungsgewohnheiten variieren nach Geschlecht, Region und Bildungsgrad.
Männer und Personen mit höherem Bildungsabschluss nutzen das Internet intensiver. Kommunikation, insbesondere Email und Instant Messaging, ist die häufigste Online-Aktivität, gefolgt von der Suche nach Produktinformationen und Online-Käufen. Kinder verwenden das Internet vor allem für Streaming, Online-Suchen und Gaming. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben kann nicht übernommen werden, da Statistiken aufgrund unterschiedlicher Aktualisierungsrhythmen einen aktuelleren Datenstand aufweisen können.
Um die Ursachen für suchtartiges Onlineverhalten zu verstehen, müssen verschiedene Aspekte berücksichtigt werden. Dazu gehören die strukturellen und funktionalen Eigenschaften digitaler Plattformen sowie die psychologischen, neurobiologischen und sozialen Faktoren, die das Nutzerverhalten beeinflussen.
Das Internet bietet unerschöpfliche Angebote, die einfach und häufig kostenlos zugänglich sind. Diese endlose Verfügbarkeit und die Möglichkeit, sich sofortigen Zugang zu einer Vielzahl von Inhalten zu verschaffen, schaffen ideale Bedingungen für suchtartige Verhaltensweisen.
Das suchtartige Onlineverhalten lässt sich durch mehrere, psychologische Faktoren erklären, die durch die digitale Mediennutzung beeinflusst werden. Eine der Ursachen ist die Art und Weise, wie digitale Plattformen gestaltet sind, um das Nutzerengagement zu maximieren. Insbesondere personalisierte digitale Plattformen, die Inhalte massgeschneidert auf die individuellen Vorlieben der Nutzer ausspielen, tragen zur Faszination und anhaltenden Nutzung bei. Diese Art der Anpassung steigert die Attraktivität der Inhalte und fördert eine tiefere und potenziell problematische Bindung an das Internet. Die variable Belohnungsstruktur, die in sozialen Netzwerken und Online-Spielen verwendet wird, basiert auf der Idee, dass zufällige und unregelmässige Belohnungen besonders motivierend wirken können. Dieser Mechanismus ist vergleichbar mit den Prinzipien des operanten Konditionierens. Bei dieser Form der Belohnung können Nutzer immer wieder nach neuen Belohnungen suchen, wie beispielsweise Likes, Nachrichten oder Spielgewinne, was die Nutzung der Plattformen ebenfalls verstärkt und potenziell zu einer Sucht führen kann.
Zusätzlich trägt die Neurobiologie zur Erklärung von suchtförderndem Verhalten im digitalen Raum bei. Die digitale Interaktion kann das Belohnungssystem im Gehirn aktivieren, insbesondere das dopaminerge System, das für die Verarbeitung von Belohnungen und Vergnügen verantwortlich ist. Die Ausschüttung von Dopamin, einem Neurotransmitter, wird durch neue und überraschende Inhalte im Internet stimuliert, was zu einer verstärkten Nutzung und potenziellen Abhängigkeit führen kann.
Das Konzept der FOMO (Fear of missing out) spielt ebenfalls eine Rolle bei der Entstehung von Online-Suchtverhalten. Die ständige Angst, neue Informationen oder soziale Interaktionen zu verpassen, kann zu einer übermässigen Nutzung von sozialen Netzwerken und anderen digitalen Plattformen führen. Diese Angst wird durch die ständige Verfügbarkeit von Informationen und sozialen Updates weiter verstärkt und kann dazu beitragen, dass Individuen Schwierigkeiten haben, sich von ihren Online-Aktivitäten zu lösen. Neben diesen Aspekten können auch soziale Faktoren das Suchtverhalten begünstigen. Die digitale Welt bietet oft ein idealisiertes Bild von sozialen Interaktionen und persönlichem Erfolg, das zu Vergleichen und unrealistischen Erwartungen führen kann. Dies kann zusätzlichen Druck erzeugen und die Nutzer dazu motivieren, noch mehr Zeit online zu verbringen, um ihre sozialen und emotionalen Bedürfnisse zu erfüllen.
Die Digital Society hat vermehrt Schwierigkeiten, den Umgang mit dem Internet angemessen zu regulieren. Gemäss dem BAG (Bundesamt für Gesundheit BAG) existiert bislang keine allgemein anerkannte Diagnose, die das Phänomen des suchtartigen Onlineverhaltens präzise beschreibt. Die Klinik Selhofen in Burgdorf diagnostiziert allerdings eine Onlinesucht unter anderem anhand drei verschiedener Kriterien: Kontrollverlust, Priorisierung gegenüber allen anderen Interessen und Weitermachen trotz negativer Konsequenzen. Suchtartiges Onlineverhalten fasst alle Formen des problematischen und suchtfördernden Verhaltens im Internet zusammen. Besonders verlockend sind bestimmte Bereiche des Internets, wie etwa Glücksspiele, Videospiele, Pornographie, soziale Netzwerke und Online-Käufe. Die Betroffenen haben Schwierigkeiten, sich vom Internet zu lösen, sobald sie einmal eingetaucht sind. Eine übermässige Nutzung digitaler Medien ist aber allein noch kein Indikator für eine Cyberabhängigkeit. Ob das Nutzungsverhalten als suchtartig betrachtet wird, hängt sowohl von der Dauer der Nutzung als auch von der Art der Nutzung ab. Man spricht von suchtartiger Nutzung, wenn der Fokus des Lebens zunehmend ins Virtuelle verlagert wird. Dies kann zu verschiedenen Problemen führen, einschliesslich:
Diese Symptome zeigen die vielfältigen Auswirkungen, die eine suchtartige Nutzung digitaler Medien auf das individuelle Leben und Wohlbefinden haben kann.
Um suchtartigem Onlineverhalten vorzubeugen, sind präventive Massnahmen und gegebenenfalls professionelle Unterstützung erforderlich.
Wegen der allgegenwärtigen Nutzung digitaler Medien ist eine vollständige Abstinenz nicht praktikabel. In der heutigen Digital Society ist das Internet sowohl in der Freizeit als auch im beruflichen Kontext unvermeidbar. Daher sollte ein Bewusstsein für die Risiken der Mediennutzung geschaffen werden. Dies umfasst Bildungsmassnahmen in Schulen und Haushalten, die über die Risiken und gesunden Umgang mit digitalen Medien informieren. Massnahmen sollten frühzeitig ergriffen werden, um problematischer Internetnutzung vorzubeugen. Hierzu gehören:
Bei Anzeichen von Abhängigkeiten oder Schwierigkeiten im Umgang mit digitalen Medien kann eine professionelle Beratung oder Therapie wertvolle Unterstützung bieten.
Suchtartiges Onlineverhalten stellt ein wachsendes Problem in der Digital Society dar, bedingt durch ständige Erreichbarkeit und massgeschneiderte Inhalte auf digitalen Plattformen. Die Ursachen hierfür reichen von der ständigen Verfügbarkeit und dem unmittelbaren Zugang zu Inhalten bis hin zu psychologischen und neurobiologischen Faktoren, wie variablen Belohnungen und Dopaminausschüttung. Zudem spielen soziale Faktoren wie unrealistische Erwartungen eine Rolle. Diese Verhaltensweise kann Konsequenzen haben, darunter soziale Isolation, verminderte Leistungsfähigkeit, emotionale Abhängigkeit und gesundheitliche Probleme wie Übergewicht und Schlafstörungen. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, sind präventive Massnahmen wie das Einhalten von Online-Sperrzeiten, regelmässige Reflexion des Konsumverhaltens und die Förderung alternativer Aktivitäten wichtig. Unterstützung finden Betroffene bei Organisationen wie Sucht Schweiz, SafeZone.ch und Jugend und Medien. In der Zeit der Digital Society ist es unerlässlich, einen bewussten und gesunden Umgang mit Online-Medien zu pflegen, um die Balance zwischen der virtuellen und der realen Welt zu wahren.
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Michèle Trebo
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