Die Apple Watch - Ein erster Kommentar

Die Apple Watch

Ein erster Kommentar

Stefan Friedli
von Stefan Friedli
Lesezeit: 6 Minuten

Kaum ein Produkt aus dem Hause Apple hat in jüngster Vergangenheit für so viel Gesprächsstoff gesucht wie die Apple Watch. Nicht ganz zu Unrecht hat Apple doch bereits mit dem iPod und dem iPhone ganze Gerätetypen zu einem gewissen Grad revolutioniert. Es wäre dem Konzern aus Cupertino durchaus zuzutrauen, dasselbe auch für Smartwatches zu schaffen – ein Segment das zwar bereits existiert, aber zumindest im Fall der meisten Android Devices immer noch ein Nischendasein fristet.

Während der offizielle Verkaufsstart der Apple Watch in der Schweiz von vielen herbeigesehnt wird, werde ich kaum zu jenen gehören, die mittelfristig zu den Besitzern der hippen Apple Smartwatch zählen. Der Fakt, dass ich als Android Nutzer nur begrenzt von den Funktionen profitieren würde ist da ein wichtiger Grund, aber auch ansonsten übt die Apple Watch wenig Anziehungskraft auf mich aus. Zu sehr mag ich den zeitlosen Charme von traditionellen, mechanischen Uhren – zum Beispiel der abgebildeten Omega Speedmaster, die auch nach 30 Jahren noch anstandslos ihren Dienst verrichtet.

Omega Speedmaster

Trotzdem können Experten wie auch Konsumenten kaum verneinen, dass Smartwatches über die vergangenen Monate hinweg eine gewisse Akzeptanz gewonnen haben, die mit der Einführung der Apple Watch sicherlich weiter wachsen wird. Die Nutzung als Second Display erscheint intuitiv. Der Nutzen für den Anwender hängt hier vermutlich vom allgemeinen Nutzungsverhalten ab: Wer ohnehin jedes Vibrieren seines Gerätes mit einem prüfenden Blick auf die auslösende Notifikation quittiert, der wird sich am sanften Pochen seiner Apple Watch sicherlich erfreuen.

Dreissig Prozent des Goldes pro Jahr

Klar ist auch: Apple zielt mit seinem neusten Produkt nur sekundär auf den Technologie-, sondern auf den Luxusmarkt. Die Präsentation und die Einführung der Apple Watch ist hier das Resultat einer Entwicklung, die man nach der Verpflichtung von Angela Ahrendts, ehemalige CEO der Luxusmarke Burberry, im Jahr 2013 schon absehen konnte. Das deutlichste Beispiel dafür zeigt sich darin, dass Apple nebst den sportlichen Varianten der Apple Watch mit Gummi- und Stahlbändern auch eine Edelvariante mit 18 Karat Goldgehäuse anbietet. Gerade in Märkten wie China sind diese Modelle gefragt und Apple rechnet mit rund einer Million verkauften Exemplare pro Monat für dieses exklusive Modell. Sollten diese Zahlen akkurat bleiben, so würde Apple rund 30 Prozent des jährlichen Goldertrags weltweit verarbeiten – und ein vielfaches dessen, was die traditionelle Uhrenindustrie jedes Jahr benötigt.

Die Verwendung von Edelmetallen in Uhren hat Tradition. Bei einer Uhr von Rolex oder Audemars Piquet gehört Gold zu den Standardmaterialien. Bei einer Smartwatch dagegen, ist das in dieser Grössenordnung eine neue Entwicklung, die durchaus Fragen aufwirft. Allem voran: Wie langlebig ist die Apple Watch? Während eine Rolex Daytona ihren Besitzer mühelos überleben kann, ist zu erwarten dass die erste Generation binnen drei Jahren ihren Lebenszyklus abschliessen wird, bevor technologisch interessantere Nachfolgervarianten das Zepter übernehmen. Inwiefern hier Konsumenten bereit sein werden, signifikante Beträge für ein in Edelmetall gehülltes Gadget auszugeben, das eine derart kurze Lebenszeit aufweist, ist zweifelhaft.

Tatsache ist: Funktional hat die Apple Watch durchaus Potential. Obschon sie momentan primär als klassisches Second Display am Handgelenk dient, kann schon abgeschätzt werden, dass hier für clevere Applikationsentwickler viel Spielraum geschaffen wird. Denkbar sind Echtzeitinformationen zur Umgebung, relevante Informationen basierend auf Sensorinformationen im Stile von Google Now und generell Anwendungsfälle, in denen die ständige spontane Verfügbarkeit des Displays relevant sind.

So prüfen einzelne Unternehmen bereits den Einsatz von Smartwatches im Stile eines Pager-Revivals. Auch als möglicher Authentisierungsfaktor wurden Smartwatches bereits wiederholt diskutiert. Gerade auch aus Sicherheitssicht bietet die Apple Watch damit Potenzial – und birgt Risiken.

Bluetooth als Angriffsvektor?

So ist bislang wenig über allfällige technische Angriffe auf die Apple Watch bekannt. Tatsächlich ist aber denkbar, dass das Device mit seiner persistenten Bluetooth Verbindung zum Hauptgerät, traditionellerweise ein iPhone, als Einfallstor missbraucht werden könnte. Eine solide Authentisierung ist an der Uhr nur schwerlich machbar, zumal die Eingabeoptionen über die Krone und das kleine Display denkbar marginal ausfallen. Dass diese Thematik aber, gerade im Businessumfeld, für Diskussionen sorgen wird, ist unbestritten. So wurde bereits der etwas hanebüchene Begriff Wear your own device durch Fachmedien in die Runde geworfen.

Einen ersten Eindruck über die Sicherheitsbedenken, die mit Smartwatches aktuell werden, gibt ein Whitepaper aus dem Jahr 2015, das Boning-Lee-Valdez zur Pebble Smartwatch verfasst haben. In ihrer Analyse berücksichtigen die Autoren kommunikationsbasierte Angriff auf das Gerät und stellen auch die Frage, inwiefern mit WatchApps unter Umständen ein sicherheitsrelevantes Problem generiert werden könnte.

Auch wenn es der Apple Watch, Android Wear und andere kleinere Exponenten der Smartwatch Industrie heute noch etwas an Akzeptanz und Relevanz fehlt, so tun Unternehmen gut daran, sich mit der Problematik von funktional höheren Smartwatches und anderen Wearables vertraut zu machen und sich entsprechende Strategien zurechtzulegen. Denn während die derzeitige Generation nicht zu einer Revolution im Stile des Smartphones führen dürfte, so ist die nächste, mächtigere Iteration nur eine Frage der Zeit.

Über den Autor

Stefan Friedli

Stefan Friedli gehört zu den bekannten Gesichtern der Infosec Community. Als Referent an internationalen Konferenzen, Mitbegründer des Penetration Testing Execution Standard (PTES) und Vorstandsmitglied des Schweizer DEFCON Group Chapters trägt er aktiv zum Fortschritt des Segmentes bei.

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