Augmented Reality und Artificial Intelligence - Einsatzmöglichkeit im Bereich Offensive Cybersecurity

Augmented Reality und Artificial Intelligence

Einsatzmöglichkeit im Bereich Offensive Cybersecurity

Marc Ruef
von Marc Ruef
Lesezeit: 7 Minuten

Keypoints

So lässt sich AR und AI bei Pentests einsetzen

  • Verschiedene Sektoren entdecken die Möglichkeiten von Augmented Reality (AR) und Artificial Intelligence (AI)
  • Im Rahmen eines internen Forschungsprojekts entwickeln wir eine Unterstützung für unsere Penetration Tester
  • Die AR-Software identifiziert automatisiert potentiell angreifbare Produkte
  • Dabei können Hintergrundinformationen zum Produkt und seinen Schwachstellen aufgezeigt werden
  • Bei der Entwicklung haben sich einzigartige Herausforderungen herausgetan, die schlussendlich in wichtigen Punkten die User Experience betreffen

Die Begriffe Augmented Reality (AR) und Artificial Intelligence (AI) sind in aller Munde. Mittlerweile haben verschiedene Branchen für sich entdeckt, wie sie diese Technologien zu ihrem Vorteil einsetzen können. Dieser Beitrag soll einen kleinen Einblick in unsere Forschung geben, die unter anderem eben diese Technologien im Bereich Offensive Cybersecurity nutzen will.

Das Erhöhen von Effizienz und Genauigkeit ist uns sehr wichtig. Schliesslich wollen wir die bestmögliche Leistung auf dem Markt anbieten können. Im Offensive Security Bereich, namentlich dem Security Testing, setzt dies unter anderem Mitarbeiter mit einem zeitgleich breiten und tiefen Wissen über eine Vielzahl an Technologien voraus. Schliesslich müssen sich unsere Pentester tagtäglich mit hochkomplexen Systemen auseinandersetzen, Schwachstellen in diesen finden und erfolgreich ausnutzen. Weiterbildung auf diesem Gebiet ist unabdingbar, um stets auf dem neuesten Stand bleiben zu können.

Augmented Reality als Erweiterung

Im Rahmen eines internen Forschungsprojekts wollen wir die Möglichkeiten unserer Analysten erweitern. Sie sollen in gewissen Situationen eine automatisierte Unterstützung erhalten, um neuartige Probleme unmittelbar angehen und sich auf raffinierte Details konzentrieren zu können.

Erkennen von Software-Komponenten

Durch die Entwicklung einer Augmented Reality Applikation (AR App) ist es in einem ersten Schritt möglich, im Rahmen eines Penetration Tests die eingesetzten Software-Komponenten zu erkennen. Dies ist nämlich oftmals die Grundlage dafür, sich mit den Eigenheiten und halt eben Schwachstellen eines Produkts auseinandersetzen zu können.

Die AR App erkennt verschiedene Produkte

Durch das Zusammenspiel von Texterkennung (OCR) und Bilderkennung (Image Recognition) ist es möglich, unmittelbar eine lokale Client-Applikation oder eine Webapplikation zu identifizieren. Hierzu muss der Analyst lediglich die AR App auf seinen Bildschirm ausrichten. Durch eine Overlay-Anzeige werden verschiedene Darstellungen möglich:

Sobald die App eine Software erkannt hat, wird eine Anfrage an den Backend-Server gestellt. Dieser liefert dann die abgefragten Informationen aus, die wiederum durch die App dargestellt werden. Dies ist erforderlich, da eine lokale Datenbank nicht die gewünschte Flexibilität und Performance mitgebracht hat.

Artificial Intelligence als Leitfaden

AR App schlägt nächsten Schritt für Rechteerweiterung vor

Wir experimentieren seit Jahren mit Experten-Systemen, die bei der Durchführung einer Arbeit helfen sollen. Eine entsprechende Implementierung haben wir bereits 2010 für die Phasen Information Gathering und Enumeration entwickelt. Der Analyst wird dabei durch das System bei seinen Entscheidungen begleitet. Er wählt den aktuellen Zustand aus und erhält mögliche nächste Schritte vorgeschlagen. Diese kann er wiederum befolgen, um sich weitere Möglichkeiten zu erschliessen. Das System unterstützt ihn sowohl bei der Auswahl als auch bei der Umsetzung (z.B. Vorschlag für Eingaben).

Durch die Kombination der über die Text-/Bilderkennung gesammelten Daten, der Weiterverarbeitung durch die AI und die Darstellung mittels AR wird dieser Ansatz ganzheitlich erweitert.

Der Analyst wird dabei unterstützt, wie er entsprechende Zugriffe durchführen soll. Wird zum Beispiel erkannt, dass eine SQL-Injection mittels sqlmap untersucht wird, werden automatisch Hinweise zu möglichen Parametern und empfohlenen Abläufen eingeblendet.

Die AI kann sehr konkret bei der Bewältigung eines Problems unterstützen. Zum Beispiel, wenn es um das Erweitern der Rechte bei einem lokalen Test oder einem Test auf einem Citrix-System geht. Schritt für Schritt kann die AI aufzeigen, wie das entsprechende Ziel erreicht werden kann. Experimentell setzen wir diese Funktionalität auch auf unserem internen Alexa-Skill ein.

Dadurch kann der Analyst entlastet werden, indem er sich nicht mehr mit primitiven Entscheidungen und funktionalen Details auseinandersetzen muss. Stattdessen kann er sich auf eine kreative Problemlösung und das Umsetzen konkreter Ansätze fokussieren.

Herausforderungen der Entwicklung

Ursprünglich sollte der Proof-of-Concept auf der Basis von Google Glass, das jedoch seit mehreren Jahren durch Google nicht mehr weitergeführt wird, entwickelt werden. Die Hard- und Software-Unterstützung der AR-Brille ist mittlerweile jedoch so schlecht, dass stattdessen die Entwicklung als Android App stattgefunden hat. Dadurch soll ein Maximum an Plattform-Unterstützung und damit Portabilität erreicht werden.

Ursprünglich war die AR für Google Glass geplant

Es gibt verschiedene Bibliotheken, die zur Text- und Bilderkennung eingesetzt werden können. Wie so oft kommen diese aber mit verschiedenen Vor- und Nachteilen daher. Besonders umfangreiche Systeme setzen ein gewisses Mass an Hardware-Leistung voraus. Ist diese nicht vorhanden, benötigt das Image Processing so viele Ressourcen, dass die Ansteuerung der Kamera nur alle paar Sekunden funktioniert. Sowohl AR als auch VR (Virtual Reality) leben davon, dass eine Verschmelzung in Echtzeit stattfindet. Die Nutzung einer entsprechend trägen Lösung wird somit schnell unintuitiv und unergonomisch.

Die Texterkennung alleine funktioniert in einigen Fällen sehr gut, weist aber gerne Ungenauigkeiten – und damit unliebsame False-Positives – auf. Wird zum Beispiel in einem Text auf einer Webseite der Ausdruck Java SE 12 gelistet, leitet die AR App daraus ab, dass eben diese Software zum Einsatz kommt. Durch das Blacklisting von gewissen Ausdrücken und das logische Verknüpfen von Statements konnte dieser unliebsame Effekt verringert werden. Jedoch erst die Bilderkennung sollte in der Lage sein, Texte in einen Kontext zu bringen. Zum Beispiel zu erkennen, ob ein Text in einer Fensterzeile auf dem Desktop oder einer Fusszeile einer Webseite angezeigt wird.

Die Erkennung funktioniert soweit zuverlässig, sofern denn klare Regeln definiert sind und sich spezifische Anfragen an das Backend schicken lassen. Problematisch wird es dahingehend, dass nicht immer klar ist, für welche Komponente eine Information gebraucht wird, welcher Detailgrad gerade von Nutzen ist und wie lange die Daten dargestellt werden sollen (sie verdecken unter Umständen wichtige Elemente beim interaktiven Testing). Wie bei jeder neuen Technologie braucht es also auch hier noch ein Mehr an Erfahrungswerten, um schlussendlich ein Produkt entwickeln zu können, dass sich in den Alltag nahtlos einbinden und während der Arbeit effizient einsetzen lässt.

Fazit

Technologien wie Augmented Reality und Artificial Intelligence können dabei helfen, Dinge greifbar zu machen, diese besser zu verstehen und effizienter mit ihnen umgehen zu können. im Rahmen unserer Forschung versuchen wir die Bedürfnisse von Penetration Testern zu adressieren. So soll über Text-/Bilderkennung eine zu prüfende Software erkannt und mittels AI nächste Schritte zur Prüfung empfohlen werden. AR eignet sich hervorragend, um diese erweiterte Sicht bereitstellen zu können.

Zwar gibt es noch viele technische, und auch psychologische, Herausforderungen. Es zeichnet sich jedoch ab, dass dies der richtige Weg ist, um ein Mehr an Qualität und Effizienz erreichen zu können.

Über den Autor

Marc Ruef

Marc Ruef ist seit Ende der 1990er Jahre im Cybersecurity-Bereich aktiv. Er hat vor allem im deutschsprachigen Raum aufgrund der Vielzahl durch ihn veröffentlichten Fachpublikationen und Bücher – dazu gehört besonders Die Kunst des Penetration Testing – Bekanntheit erlangt. Er ist Dozent an verschiedenen Fakultäten, darunter ETH, HWZ, HSLU und IKF. (ORCID 0000-0002-1328-6357)

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