Das Internet und die Dinge

Das Internet und die Dinge

Rocco Gagliardi
von Rocco Gagliardi
Lesezeit: 18 Minuten

Stellen Sie sich ein Sexspielzeug vor, das mit einer Applikation auf Ihrem Smartphone kommuniziert und mechanische Parameter an ein persönliches Profil anpasst. Oder auf Facebook-Likes reagiert. Oder eine Art Playlist von mechanischen Bewegungen abspielt, dazu noch Licht- und Soundeffekte von sich gibt, Aromen versprüht. Oder es könnte gar einen json Stream mit Parametern einer ferngesteuerten Applikation – eines anderen Sexspielzeugs vielleicht? – auf einem anderen Kontinent interpretieren.

Heute liest sich The Velvet Underground – ein berühmt-berüchtigtes Buch von Michael Leigh über die sexuelle Perversion der frühen 1960er-Jahre – fast wie eine Lektüre über Brontosaurier (nicht Brontobytes, denn das wäre wieder die Zukunft) – ein Ding der Vergangenheit. Teledildonics wurden wohl erstmals vom Autoren Isaac Asimov in Die Nackte Sonne im Jahre 1957 beschrieben, wo die Menschen des Planeten Solaria das gerne praktizieren.

Solaria scheint noch Zukunftsmusik – mal abgesehen vom Kühlschrank, der seinen Besitzer über das Ablaufdatum der Milch per SMS auf dem Laufenden hält – wenn es darum geht, zu beschreiben, wie Dinge miteinander über das Internet kommunizieren und so vielleicht gar zur treibenden Kraft hinter Entwicklung und Feintuning der Technologie, die noch in Kinderschuhen steckt, werden.

Das Internet nähert sich seiner zweiten Revolution, wird also zum Internet 2.0. Sex und Sexualität nähern sich ihrer vierten Revolution und werden zum Sex 4.0. Wir liegen also technologisch weit zurück.

Technologien finden zueinander und neue Datenverarbeitungsmodelle (nicht nur Quantum Computing sondern Modelle wie HP Memristor-basierte Geräte wie The Machine) versprechen effizientere Datenverarbeitung und neue Speicherparadigmen, neue Energieersparnis und neue Übertragungsprotokolle, neue Batterien, OTA-Ladungen und vieles mehr.

Wir tragen unglaublich wirkende Computer in unserer Hosentasche herum, tragen Brillen, die der Realität eine neue Schicht überziehen, kleine Sensoren messen unsere Position, Beschleunigung, Pulsrate, den Luftdruck, die Luftfeuchtigkeit und eine Unzahl anderer Parameter über unsere Umwelt. All das wird mit einer zentralen Einheit kommunizieren oder mit einem Gerät in der Nähe, das die Daten sammelt, interpretiert und darauf in irgendeiner Art reagiert. Die Zunahme an Sensoren, sowohl physisch wie auch virtuell, wird Smartphones und anderen Smartgeräten mehr Wahrnehmung erlauben und Kontext aus der physischen Welt bringen. Jedes Gerät kann so autonomer handeln, auf die Bedürfnisse seines Nachbarn reagieren und auch selbst agieren. Damit entsteht ein distributed cognitive system, das – darf ich wagen, das zu sagen? – intelligent ist.

Was ist das Internet der Dinge?

Ich bin im selben Jahr auf die Welt gekommen, in dem Neil Armstrong auf dem Mond gegangen ist, das Internet geboren wurde und der Zenith El Primero Chronomaster erschienen ist. Meine Generation wird nur von einer Sonne beleuchtet und unser Mantra war Das Netzwerk ist der Computer. Das Internet wird demnach mehr dadurch definiert, was der Nutzer damit tut und nicht was es selbst tut.

Das Internet der Dinge (IoT) ist ähnlich verwirrt. Die Big Players in Sachen Informationstechnologie teilen dieser Tage gerne ihre Vision, was denn das IoT ausmacht:

Wo ist denn nun das IoT? Wo sind all diese Geräte? Sie sind Teil des Alltags. Und Sie besitzen viele davon! Neuere Autos verwenden über 100 Prozessoren. Smartgeräte sind in industriellen Systemen verbaut, in Spitälern, Häusern und Transportmitteln. Und auch sonst noch an vielen Orten. Heute sind die Geräte noch schwach verbunden, aber das wird sich schnell ändern. Schon im Jahre 2020 werden wir etwa 33 Milliarden (plusminus 25 Prozent) Geräte haben, die miteinander verbunden sind. Nicht ganz die Zahl der Bewohner Solarias, die 10000 Maschinen pro Kopf haben, aber trotzdem ist das eine gewaltige Zahl, die explosionsartig wächst.

Diese spektakuläre Prognose ist das Resultat der Evolution Dekaden von Tests und Scheitern, instabiler Hardware und Software. Aber dieses Ökosystem entwickelt sich, ähnlich wie unsere Gene sich verstärken – um die Sprache Richard Dawkins auszuleihen. In dieser einzigartigen Konstellation, wo Mensch und Maschine in ihrer Entwicklung Parallelen zeigen, haben wir alte Freunde gefunden, die nun zum Fundament einer neuen Welt werden, selbst wenn sie mit bekannten und unbekannten Schwächen daherkommen. Und sie zeigen ihre ureigenen Schwächen einem stetig wachsenden Publikum.

Zurück zum Ursprung dieses Artikels. Die Idee ist simpel: Mindestens zwei Menschen wollen unabhängig von ihrer aktuellen Position interagieren.

Die Implementation ist etwas schwieriger: Wir benötigen eine Stromquelle, Motoren, einen Bluetooth-Sender und einen -Empfänger, Application Servers, WiFi APs, Internetzugang, jede Menge Protokolle für Kommunikation zwischen Geräten und für Reaktion auf Befehle, GUIs und APIs und noch mehr.

Das ist nur ein Anwedungsbeispiel unter tausenden. Um uns herum passiert extrem viel.

Wie es funktioniert – oder funktionieren sollte

Was ist die Basis eines solchen Frameworks?

Diese Server-Infrastruktur muss:

Zusätzlich müssen Geräte stabil über längere Zeit hinweg mit nur wenig Energie laufen und dabei noch eine Unzahl an Features bereitstellen.

Einfach ausgedrückt könnten wir ein Modell mit den folgenden Akteuren aufzeichnen:

Quelle Transport Netzwerk Verbindung Host Empfänger
Sensoren Kurze Distanz Identitätsmanagement Internet Server Mensch
Smartgeräte Mittlere Distanz Information PtP Geschäftsnetz Prozess
Gateways Lange Distanz - Andere Kontenkontrolle Automation
- Nicht-Kabellose - - - -

Übersicht

Im Internet der Dinge sind viele Technologie eingebunden, sowohl Hard- wie auch Software. Die folgende Übersicht wirkt wohl etwas konfus, aber erinnern Sie sich daran: Wir reden hier vom Internet des Alles, dem I!Web (sprich: Gleiches Internet, nicht selbes Netz, Industrielles Internet und so weiter) und darum werden hier nur einige wenige Abkürzungen miteinbezogen.

Die Protokolle sind breit aufgenommen worden und haben eine Vielzahl von Implementation erfahren, behaupten von sich, in Echtzeit zu handeln und tausende Geräte zu verbinden. Das stimmt sogar, abhängig davon, wie Sie Echtzeit, Dinge und Geräte definieren.

Dieses OSI-Modell sollte Ihnen Übersicht verschaffen:

Internet der Dinge OSI Modell

PHY/MAC Layer

Die PHY/MAC Layer beinhaltet grundsätzliche Netzwerk-Hardware, also Übertraungstechnologie. Da die Hardware mannigfaltig ist und über unendlich viele Charakteristika verfügt, ist das wohl die komplexeste aller Layer.

Schlüsselprotokolle in dieser Layer:

Andere: WirelessHart, DigiMesh, ISA100.11a, ANT, EnOcean, Dash7, Thread, Weightless

Network Connectivity Layer / Transport Layer

Andere: NanoIP, uIP

Application Layer

Andere: SMCP, ROLL, Mihini/M3DA, DDS, LLAP, LWM2M, SSI, IOTDB, Reactive Streams, SensorML, Semantic Sensor Net Ontology, IPSO Application Framework, OMA LightweightM2M v1.0, Wolfram Language – Connected Devices, Content-Centric Networking, Telehash, Time Synchronized Mesh Protocol

ZigBee

ZigBee ist ein generischer Mesh-Network-Standard der wenig kostet, wenig Strom verbraucht und keine Kabel benötigt, der auf IEEE802.15.4 für low-rate WPANs basiert. Der Standard wurde für die breite Verwendung in Geräten mit langer Batterielaufzeit in kabellosen Kontroll- und Monitoring-Applikationen Die Spezifikation enthält vier zusätzliche Schlüsselkomponenten:

  1. Network Layer
  2. Application Layer
  3. ZigBee Device Objects (ZDOs)
  4. Herstellerdefinierte Applikationsobjekte, die Einstellungen erlauben und die totale Integration vorziehen

ZigBee-Geräte haben niedrige Latenz, die den durchschnittlichen Strom weiter reduzieren und typischerweise in Funkgeräte mit Mikrocontrollern integriert sind. Sie haben zwischen 60 und 256 KB Flash Memory wie auch eine definierte Datenrate von 250 kbit/s, die sich am besten für periodische Datentransmissionen zwischen Sensor und Inputgerät eignet.

ZigBee ist der einzige offene, globale Wireless-Standard, der das Fundament für das Internet der Dinge zur Verfügung stellt, indem es die Zusammenarbeit von simplen und smarten Objekten ermöglicht und damit den Komfort und die Effizienz im Alltag erhöht.

Betriebssysteme im Internet der Dinge

Unter Internet der Dinge werden viele Geräte zusammengefasst, vom winzigen 8bit-Speicher bis hin zum mächtigen Smartphone. Sowohl traditionelle Betriebssysteme wie auch spezialisierte Firmware für Sensoren sind nicht in der Lage, die Grundanforderungen an diese neuen Geräte zu erfüllen.

Ein Betriebssystem für das IoT sollte folgende Features haben:

Wenn Sie sich für diesen Aspekt interessieren und mehr darüber wissen wollen, dann werfen Sie einen Blick auf Operating Systems for the IoT – Goals, Challenges, and Solutions.

Die interessantesten Betriebssysteme für IoT-Geräte:

Andere: Brillo, Mantis, Nano-RK, LiteOS, FreeRTOS, Thingsquare Mist, Saphire

Visual Programming Tools

Das Internet der Dinge wird überall sein, vom Kühlschrank bis zur Schuhsohle. Menschen werden diese Dinge programmieren müssen. Nicht alle dieser Menschen werden Erfahrung mit C++ haben. Neue, einfach zu verstehende und intuitive Interfaces sind gefordert und bestehen bereits:

Natürliche Sprache

Interfaces für Input sind fundamental für die Interaktion zwischen Mensch und Maschine. Geräte im Internet der Dinge sind sehr klein mit einem winzigen oder gar nicht existenten Bildschirm, ohne Tastatur oder Knöpfen. Der einzige vernünftige Weg mit einem solchen Gerät zu interagieren ist der, der die natürliche Sprache verwendet.

Nebst Siri und Google Search gibt es andere Services, die menschliche Sprache in Aktionen eines Programmes umwandeln. Wit.AI erlaubt es nicht nur dem Erfinder des Services, das must have Voice Interface zu haben, sondern auch dem Ökosystem seiner Developer.

Zusammenfassung

Das Internet der Dinge wird in kürzester Zeit einen grossen Einfluss auf unser Leben haben. Neue und alte Technologien vermischen sich und lassen das IoT so funktionieren. Alles geht sehr schnell. Unsere Herausforderung ist es, technologisch auf der Höhe zu bleiben und die Möglichkeiten und Probleme dieser neuen Dinge im Blick zu behalten.

Bibliographie:

Über den Autor

Rocco Gagliardi

Rocco Gagliardi ist seit den 1980er Jahren im Bereich der Informationstechnologie tätig. In den 1990er Jahren hat er sich ganz der Informationssicherheit verschrieben. Die Schwerpunkte seiner Arbeit liegen im Bereich Security Frameworks, Routing, Firewalling und Log Management.

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